Johannes Lepsius
Armenien und Europa
Eine Anklageschrift
wider die christlichen Großmächte
und ein Aufruf an das christliche Deutschland
284 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
Mit 1 Abbildungen
Euro 36,00 [D]
ISBN 978-3-96662-139-7
LIEFERBAR
Eine Darstellung des beginnenden Völkermordes an den Armeniern
Zum Text
»Eine Reise durch Anatolien und Syrien führte mich im Mai dieses Jahres auch durch zwei der Provinzen, die in den vorhergehenden Monaten durch die armenischen Unruhen und Blutbäder betroffen waren. Auf einem mehrwöchentlichen Ritt durch das immer noch unsichere Land drängte sich mir im Verkehr mit der türkischen Land- und Stadtbevölkerung in Bezug auf die Beurteilung der armenischen Frage mehr und mehr eine Überzeugung auf, die mit der in Deutschland, auch von der Presse, fast allgemein vertretenen Anschauung im Widerspruch steht. Auf der ganzen Reise durch Anatolien bin ich keinem Muhammedaner begegnet, der nicht in seinem Urteil über die Ereignisse der letzten Monate von der selbstverständlichen Voraussetzung ausging, daß die Niedermetzelung und Ausplünderung des armenischen Volkes von der Regierung angeordnet sei und dem Willen des Sultans entspreche. ... Ich kann zuletzt nur noch den Wunsch aussprechen, daß das in dieser Schrift gebotene Thatsachen-Material von den Lesern dazu benutzt werden möge, ihr Urteil über die armenische Frage nachzuprüfen. Dann wird der einzige Zweck, den ich bei Abfassung dieses Buches im Auge hatte, erreicht sein, der kein anderer war, als dazu mitzuwirken, daß die öffentliche Meinung in Deutschland nicht mehr so unempfindlich wie bisher den Leiden der Christenheit des Morgenlandes gegenüberstehen möge.« [Aus dem Vorwort]
Der Text des Neusatzes folgt der 3., vermehrten Auflage, Berlin 1897, erschienen im Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co. Die Rechtschreibung des Originals wurde beibehalten.
Der Autor
Johannes Lepsius (1858-1926), deutscher evangelischer Theologe und Orientalist, war Mitbegründer der Deutschen Orientmission. Als Reaktion auf die Armeniermassaker Abdul Hamids II. gründete er 1896/1897 mit einer großen Werbekampagne das Armenische Hilfswerk, das den von Mord und Totschlag bedrohten Christen Schutz gewährte. Später kamen nach dem Völkermord an den Armeniern, den die Türken im Schatten des Ersten Weltkriegs (ab 1915) verübten, Flüchtlingsheime und Waisenhäuser sowie Armenier-Neusiedlungen in Syrien und Libanon hinzu. 1914 war er Mitbegründer der in Berlin gegründeten Deutsch-Armenischen Gesellschaft. Während einer Türkeireise wurde er Zeuge der Pogrome gegen die Armenier Ostanatoliens. Diese Verbrechen prangerte er in deutschen Medien und auf Vorträgen an. Lepsius arbeitete in Urfa auch mit der Amerikanerin Corinna Shattuck (1848-1910) zusammen. Von der Reise zurückgekommen, publizierte Lepsius in Deutschland einen Tatsachenbericht unter dem Titel »Armenien und Europa«. Lepsius ist zudem bekannt durch seine Dokumentation des Völkermords an den Armeniern 1915/1916. Sie trägt den Titel »Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei« und wurde am 7. August 1916 von der deutschen Zensur verboten. Die Schrift enthält Augenzeugenberichte und Berichte, wie die Armenier von überall her in die Wüsten Mesopotamiens getrieben wurden, wo sie durch Hunger, Durst und Erschöpfung umkamen. Eine erweiterte Auflage dieser Dokumentation trägt den Titel »Der Todesgang des armenischen Volkes.« [Quelle: Wikipedia]
Hintergründe
1908 hatten die Armenier des Osmanischen Reiches große Hoffnungen in die Jungtürkische Revolution gesetzt, die dem verhaßten Regime Abdul Hamids (1876-1909) ein Ende setzte. Während des Ersten Weltkrieges kam es aber, insbesondere während der kritischen Wochen im April 1915, als eine alliierte Invasion Konstantinopels unmittelbar drohte (Schlacht von Gallipoli), zu Übergriffen auf die armenische Bevölkerung, zunächst in der Hauptstadt, in Gestalt von Massenverhaftungen und Deportationen, und später dann in den von Armeniern besiedelten Gebieten Ostanatoliens. Lepsius setzte in dieser Zeit mit seinem von ihm gegründeten Hilfswerk die humanitären Aktivitäten fort und versuchte politisch Einfluß zu nehmen, besonders in Deutschland, das zu dieser Zeit der wichtigste militärische Verbündete des Osmanischen Reichs war und Tausende Soldaten und Offiziere in der Türkei stationiert hatte, aber auch bei direkten Gesprächen mit Offiziellen in der Türkei, etwa dem Oberbefehlshaber Enver Pascha. Die politischen Parteien in Deutschland ignorierten Lepsius’ Mahnungen weitgehend. Liberale Politiker wie Ernst Jäckh und Friedrich Naumann unterstützten lautstark die deutsch-türkische Waffenbrüderschaft, die SPD, die die Burgfriedenspolitik nicht gefährden wollte, hüllte sich in Schweigen. Lediglich der katholische Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger unterstützte Lepsius und reiste selber auf eigene Faust in die Türkei, um mit den jungtürkischen Machthabern zu verhandeln. Lepsius mußte schließlich wegen drohender strafrechtlicher Verfolgung im Zusammenhang mit der deutschen Militärzensur seine Aktivitäten im benachbarten Ausland fortsetzen. Eines der wichtigsten Werke von Lepsius ist seine 1919 veröffentlichte Publikation »Deutschland und Armenien 1914-1918: Sammlung diplomatischer Aktenstücke«, auch bekannt als Lepsiusdokumente, die später zum wichtigsten Schriftstück zum Völkermord an den Armeniern wurden. Sein Engagement fand unter anderem eine Würdigung in Franz Werfels Roman »Die vierzig Tage des Musa Dagh«. [Foto ungewisser Herkunft von 1899. Armenische Frau, die 1899 nach der Ermordung ihres Mannes in der Folgezeit der Massaker von 1894–1896 mit ihren Kindern auf der Flucht war. George Grantham Bain collection at the Library of Congress]
Inhalt
Vorwort | I Die Wahrheit über Armenien | 1. Trockene Zahlen | 2. Etwas für starke Nerven | 3. Religionsfreiheit im türkischen Reich | 4. Die Inszenierung der Massacres | 5. Die türkische Lügenfabrik | 6. Wer ist der Schuldige? | 7. Die Verantwortlichkeit der Großmächte | 8. Satyrspiel | 9. Hungersnot | 10. Was soll daraus werden? | II Blutbäder | III Armenien vor den Massacres | IV Eine Liste von Schandthaten | V Der Botschafter-Bericht | VI Statistik | Nachwort | Anhang. Kundgebungen
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